Neun Jahre hat sich Karl Bartos mit Live-Konzerten Zeit gelassen. Nach der Veröffentlichung seines hochgelobten Albums "Off the Record" war es dann aber an der Zeit, das der "Wahl-Hamburger" wieder live auf die Bühne zu kehren. Tourneestart war am Samstag sozuagen ein Heimspiel an alter Wirkungsstätte:  In der LIVE MUSIC HALL zu Köln-Ehrenfeld begann die "Off the Record-Tour" 2014.

Und die Musik begann...und Karl betrat nach ein bis zwei Minuten die Bühne...

Für diesen Tournee-Auftakt hatte Karl im Vorfeld ein neues Bühnenprogramm erarbeitet. Zu sehen waren allesamt neue Video-Clips und Animationen, die gleichsam spannend, vertraut nostalgisch und stets aufregend waren. Aus seinem neuen Album waren neben den Single Auskoppelungen "Atomium" und "Without a Trace of Emotion" auch "Nachtfahrt" und "Musica ex Machina" zu hören.

Der Konzertsaal war am Ende doch mit mehr als 500 Gästen sehr gut gefüllt. Der WDR filmte live vor Ort mit, die Stimmung war relaxed und erwartungsfroh.

Musikalische Impressionen, die auf den Leinwänden so auch gezeigt wurden:

Wie man schon auf dem oberen Foto erkennt, waren neben neuen Titeln auch alte bekannte Titel aus der Kraftwerk-Zeit vertreten: Computer World. Und es wirkte, als sei die Zeit tatsächlich irgendwie doch stehen geblieben - trotzdem man stets glaubt, die Zeit rast und rast unentwegt davon. Die Videos und Animationen waren klug gewählt - Karl nahm uns in der Tat auf eine Zeitreise mit.

Beeindruckend war einmal mehr das Leinwand-Triptychon, das gewätig wirkte und trotzdem eine Einheit zur Musik bildete. So sollen diese Konzerte audiovisuell wirken - eine Einheit von Musik und Film.

Da Karl Bartos als einer der Musiker des "klassischen" Line-Ups von Kraftwerk gilt und in seinem Studio viele der Ursprungsideen für die prägnanten Rhythmen und zeitlosen Melodien entstanden, kamen natürlich auch die vertrauten Kraftwerk-Klassiker zum Einsatz. Und diese funktionierten ganz hervorragend, da Karl auch stimmlich nichts an Qualität verloren hat.

Nicht mehr "nur zweiter von links" , sondern in der Mitte: Karl Bartos.

Seine Vergangenheit kann und will Karl nicht leugnen. Und so wurde das 2013er Album "Off the Record" von der Presse u.a. auch als "Die beste Kraftwerk-Platte seit 30 Jahren" betitelt. Die "Financial Times" sprach sogar von dem Kraftwerk-Album, zu dem die Gruppe selbst anscheinend nicht mehr fähig sei. Karl sagt dazu, das er Konzepte, Ideen und Fragmeinte aus seinen klingenden Notizbüchern der Jahren 1977 bis 1993 aufgegriffen habe.

Dennoch sind die Kompositionen neu und aktuell.

Karl Bartos hatte übrigens seinerzeit an der Düsseldorfer Musikhochschule studiert und mehrfach pro Woche im Orchester der Rheinischen Oper musiziert.

Karl beschreibt seine audiovisuelle Show als "ein 90-minütiger Episodenfilm mit einem ganz starken Soundtrack".

Er sagt weiter, das dieser audiovisuelle Anspruch eine Sache seiner Generation sei. Der einzige Unterschied sei aber, das er "das alles selbst" mache. Die Video Kreationen erinnern oft an die abstrakten Formen der"Absoluter Film" Bewegung.

OFF THE RECORD

Auf die Frage, warum das Cover des neuen Albums "Off the Record" einen jungen Karl Bartos als Schaufensterpuppe zeige, antwortete Karl: "Weil das ganze Album mit meiner Biografie zu tun hat. Es handelt davon, dass ich mir selbst begegne, und zwar als jungem Menschen. Diese Figur, die auf dem Cover abgebildet ist, nenne ich Herr Karl.  Sie wurde ...in den 70er Jahren angefertigt. Was im Leben eines jeden Menschen für mich wichtig ist, ist seine Klang-Biografie, weil ich durch meine Professur an der Universität der Künste festgestellt habe, dass wir von den Klängen initialisiert werden, die wir in unserer Pubertät hören....Der neunzigminütige Film in meinem Live-Konzert ist ein Episodenfilm, der aus verschiedenen Stücken meiner musikalischen Laufbahn besteht. Da kommen Tracks vor wie "Die Roboter", "Die Mensch Maschine", "Das Modell", "Tour de France" oder "Computerwelt", aber auch Kompositionen von meinen Soloalben..." (aus bz Berlin, 27.1.2014).

Und in einem Interview mit der "WAZ" sagte er auf die Frage nach der Vergangenheit und der Zeitmäßigkeit: "Sie haben völlig recht. Ich habe 20 Jahre völlig andere Sachen gemacht...Und dann hat mich mein Nachbar, der ein Label betreibt, beim Teetrinken dazu überredet, meine alten Sachen hervorzukramen. Deshalb habe ich die alten Tapes vom Dachboden und aus meinem Archiv in den Computer übertragen. Ich sah die ganzen Jahrenszahlen, 1977, '78 und die 80er Jahre. Daraus ergab sich das Konzept eines akustischen Tagebuchs. Ich bin mir selbst wiederbegegnet als dem jungen Mannvon damals und hörte diese uralten Tapes, die ich gemacht habe, bevor ich ins Klingklang-Studio fuhr. Die Anmutung ist so, als hätte ich das Album schon früher gemacht, weil ich die musikalische Methode von damals für mich auch als gewisse Formel gefunden habe. Ich nenne das akustisches Lego. Es ist das, was diese Art der Komposition ja ausgemacht hat. Es waren die analogen Sequenzer, die einfach nur 16 Töne hintereinander abspielen konnten..."

Ob das Vergangenheitsbewältigung sei ? Karl dazu: "Wenn ich jetzt spontan etwas dazu sage, ist das nicht besonders überlegt von mir. Das ist sehr, sehr differenziert zu sehen. Deshalb schreibe ich gerade meine Autobiografie. Für mich ist es wichtig. Es gab eine Kernzeit. Ich bin bei "Autobahn" hinzugekommen und bei "The Mix" ausgestiegen. Das ist die Zeit des klassischen Line-Ups. Und da sind die wesentlichen Beiträge entstanden."

"Ich verwende, was ich in meiner Zeit in der Universität der Künste entwickelt habe. Ich habe mich beschäftigt mit einer künstlichen Welt. Und die zeige ich im Film. Film ist eine künstliche Miniaturwelt, die aber jede Form von Klang beinhaltet, Geräusche der Natur, der Umwelt, der Technik, Dialog und aber auch Musik. Dieses Zusammenspiel von Bild und Ton, das ist wirklich interessant. Und es ist verbunden durch die neuen Songs, aber auch durch Songs wie "Das Model" oder "Die Roboter", die ich seinerzeit mitgeschrieben habe.

Auf der Bühne waren neben Karl auch noch zwei weitere Musiker zu sehen. Es gab per Leinwand eine "offizielle Vorstellung mit allen nennenswerten Daten":

Zum einen Mathias Black (links)

Zum anderen Robert Baumanns (rechts)

Beide Musiker waren u.a. auch für die vielen so prägnanten Vocoder-Effekte zuständig....

Hier fährt der "Trans Europa Express"...

Und nicht nur direkt vor der Bühne (wo wir uns befanden) wurde das Tanzbein erheblich geschwungen ! Bei diesem kontinuierlichen Rhythmus konnte niemand ruhig stehen.....einfach grandios.

Hier bei "Without a Trace of Emotion":

Ein wahres "Hammerstück" kam dann mit "Atomium"...grandios

Beeindruckend waren die vielen Gesangsparts von Karl, aber durch Vocoder-Verfremdung auch von Mathias und Robert)

Hier "Musica ex Machina"

Without a Trace of Emotion - Hamburg "Große Freiheit"

Und das gab es auch: Karl sang jenseits seiner Instrumente ganz rechts auf der Bühne...eine ganz starke Performance !!!

Kommen einem diese Bilder nicht bekannt und vertraut vor ?

Unterwegs auf der "Tour de France"

15 Minutes of Fame....ganz großes Kino war das !

Auf Wiedersehen Karl, das war die....

Karl mit Hände schütteln am Bühnenrand, klasse !

Vor der Zugabe, als die Musik auslief, die Musiker aber alle von der Bühne gegangen waren:

Warmherziger Applaus nach einem furiosen 90 minütigem Konzert. Diese Mixtur seines musikalischen Schaffens war exzellent gewählt. Auch wir konnten danach feststellen, das dies eine perfekte Multi-Media-Show war, die einerseits die musikalische Vergangenheit darbot, andererseits neue frische innovative Ideen und Melodien aufzeigte, die der Tradition verbunden waren und stets beseelt wirkten.

Der Auftakt, immer verbunden mit einem großen Herzklopfen, war gelungen:

Und nach dem Konzert gab es die große Autogrammstunde direkt am Labelstand mit Karl - und dort gab es natürlich den erwartet starken Andrang...

Wir trafen nach dem Konzert im Saal einen weiteren früheren Kraftwerk-Musiker und Freund wieder, nämlich Wolfgang Flür:

Und daneben ein erster wichtiger Kontakt mit Chi Ming Lai vom Londoner "Electricity Club", mit dem wir uns rege austauschten (ganz rechts La Li Lu, die auf dem EC 2013 Vile Electrodes unterstützt hatte):

Und mit dabei Roger Kamp (Mitte), Grit Cheraka (rechts) und Valentine Fussbudget (links)

Prost Karl, das war ein wahres Erlebnis....auf ein unbedingtes Wiedersehen. Das hat uns über alle Maßen beeindruckt und begeistert - sehr hoher Empfehlungsgrad ! Vielen Dank dafür !

Setlist (alle Titel des Abends)

Numbers

Computer World

Trans Europe Express

The Robots

Das Modell

Tour de France

Neon Lights

Atomium

Without a Trace of Emotion

Rhythmus

Musica Ex Machina

Computerliebe

I'm the Message

15 Minutes of Fame

Nachtfahrt

Zugabe:

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