14. + 15. Juli 2012: 8. Bad Essener Obertonfestival

Konzerte im Steinbruch an den Saurierspuren in Bad Essen-Barkhausen

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Hosoo Transmongolia (die wir leider verpasst hatten)

Für uns eine Premiere bei diesem Event in Bad Essen an den Saurierspuren im Steinbruch Barkhausen: zum ersten Mal besuchten wir dieses Obertonfestvial, das bereits zum 8.ten Mal an diesem außergewöhnlichen Ort stattfand.

Die erste Frage, die man sich stellt: Was genau ist eigentlich Obertongesang ? Hierzu ein paar Erklärungen:

Westlicher Obertongesang

Die Gesangskunst wurde im okzidentalen Kulturkreis vor allem in der New-Age-Szene der 1980er Jahre populär. In den 1960ern hatten Komponisten wie La Monte Young und Karlheinz Stockhausen Obertongesang in die Avantgardemusik eingeführt. Die westliche Obertonmusik ist also recht jung. Während einige Künstler ihre Techniken vor allem aus Stimmexperimenten und Vokaltechniken zu einer neuen Kunstform entwickelten, lassen sich viele jüngere Obertonsänger auch von den asiatischen Kehlgesangtechniken inspirieren. Trotzdem ist ein Obertonsänger klanglich meist leicht von einem asiatischen Kehlsänger zu unterscheiden.

Obertonsänger nutzen als Grundton die „normale“ weiche Stimme. Dadurch ist ein fließender Übergang von Vokalen und Sprache zu Obertongesang möglich. Für viele Obertonmusiker sind daraus entstehende neuartige Klangfarben die Grundlage ihres künstlerischen Ausdrucks. Andere entwickeln eine hohe Virtuosität in polyphoner Singweise, indem sie zwei unabhängige Melodien gleichzeitig mit Grund- und Oberton singen. Es existieren Singkreise, die mit Obertönen in Gruppen improvisieren (chanten, tönen, Obertonchor). Der Obertongesang gehört der freien Musikszene an und entwickelt sich stetig weiter. Inzwischen wurden die ungewöhnlichen Klangeffekte auch für die Filmmusik entdeckt und finden sogar Interesse in der E-Musik. Jüngere Anwendungen in der Musiktherapie zeigen Potenziale des Obertongesangs im Heilwesen auf.

Kehlgesang

In Tuwa, der Mongolei und weiteren Ländern Zentralasiens rund um das Altaigebirge wird Obertongesang in verschiedenen Formen des Kehlgesangs gepflegt. Weitere Bezeichnungen sind Kehlkopfgesang, Khoomei (Khöömei, Khöömii), tuwinisch: Хөөмей (für „Kehle“), mongolisch: Хөөмий.. Ähnliche Obertongesänge kennt man als umngqokolo von den Xhosafrauen in Südafrika und von den Dhani inPapua-Neuguinea, allerdings erinnert dieser Kehlgesang eher an den westlichen Obertongesang, das Joiken der Sami oder gar an alpenländisches Jodeln.

Kehlgesang unterscheidet sich von westlichem Obertongesang sowohl musikalisch durch seine ethnische Tradition wie auch technisch durch besondere Arten den Grundton zu erzeugen. Beim Kehlgesang werden unter anderem Teile des Kehlkopfs verengt (Xorekteer). Man diskutiert eine Verengung der Taschenfalten (falsche Stimmlippen) bzw. einen aryepiglottischen Sphinkter (Bildung einer Verengung der aryepiglottischen Falten mit der Epiglottis), die jeweils einen Resonanzraum im Kehlkopf hervorrufen, der den Oberton gegenüber dem Grundton verstärkt.

Eine spezielle Kunst der Kehlsänger sowohl in Zentralasien als auch bei den Kehlsängerinnen der Xhosa ist der Gebrauch von Untertongesangstechniken, die man in Tuwa Kargyraa nennt. In der Regel wird der erste Unterton der Grundstimme, die erste Subharmonische, als Grundton verwendet. Dadurch wird das Obertonspektrum des Sängers bzw. der Sängerin stark erweitert.

Der Begriff Kehlgesang wird oft synonym für zentralasiatischen Obertongesang verwendet. Das führt gelegentlich zu Verwechslungen, weil der Begriff auch für Gesangsstile Verwendung findet, die nicht zum Obertongesang zählen. Es gibt beispielsweise Untertongesangsarten, die als Kehlgesang bezeichnet werden. Die Tieftongesänge der tibetischen Lamas sowie der Samen in Lappland (Joik) seien in dem Zusammenhang erwähnt, bei denen die Obertöne nicht gezielt als musikalische Struktur verwendet werden. Auch die Kehlgesänge der Inuit und der sardischen „cantu a tenores“ sind in engeren Sinne kein Obertongesang. Aber die Klassifizierung ist oft schwierig, weil ein westlich ungeschultes Ohr die Absichten fremder Musikkulturen möglicherweise nicht erkennt. Einige Autoren möchten zum Beispiel die Dominanz der 10. Harmonischen in tibetischen Gesängen als Obertongesang bezeichnet wissen.

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Leider waren die Wetterprognosen dieses Mal sehr schlecht und so hatten wir leider auch einen Regenschauer nach dem anderen. Doch unter der Dachkonstruktion und den aufgebauten Pavillions blieb man weitestgehend trocken.

Doch das tat der Stimmung beim sehr interessierten und engagierten Publikum (ca. 100 Besucher) keinen Abbruch. Wir erlebten die Auftritte von Reinhard Schimmelpfeng aus Bremen, Aerodice aus Lüneburg und natürlich Steve Schroyder & Alien Voices.Es gab Workshop- und Infostände sowie natürlich auch CD-Stände.

Für das leibliche Wohl wurde an zwei weiteren Ständen gut gesorgt (Kaffee, Kuchen, Suppen etc.). Auch die Weinliebhaber kamen auf ihre Kosten. So war es eine stimmungsvolle und sehr relaxte Veranstaltung, die bis Mitternacht ging. Detlev Sellenriek führte durch den Tag und hat dieses Festival in Zusammenarbeit mit der Tourist-Information Bad Essen seit 2005 in Bad Essen-Barkhausen etabliert.

Einer der beiden "gefährlichen" Dinos, die hier den Steinbruch bewachen und für die Spuren auf dem nächsten Foto verantwortlich sind. Er blieb aber den ganzen Tag friedlich "in seinem Käfig" !!!

Detlev Sellenriek kündigt den für uns ersten Act an:

Reinhard Schimmelpfeng aus Bremen.

Reinhard Schimmelpfeng wirkt als konzertierender Oberton-Künstler, als Komponist und Klangtherapeut. Seit 1989 arbeitet er als freier Musiker und spielt wie hier in Bad Essen zum Teil auf Instrumenten, die er selbst erbaut hat. Sein Credo: Ich hatte das Gefühl, dass mir diese Klänge zuhören und  nicht umgekehrt.
Vor 27 Jahren hörte er erstmals Obertonmusik von Michael Vetter und ist seitdem tief in diese Musik eingetaucht. Er beschreibt Musik nunmehr als nicht nur eine Folge von Tönen, sondern vor allem als Anordnung von Räumen, die zu durchschreiten, zu durchgleiten sind - geladene und entspannte, intensivst gefüllte oder auch leere, vibrierende, plastische, formbare Klangräume, die zwischen den Tönen zu entdecken sind. Musik, die atmet, die mich atmen lässt und einlädt, auch meine inneren Räume zum Schwingen zu bringen.

Beeindruckend die sogenannte Windharfe, die auf jegliche Form von Luftströmungen (ob nun Wind, Instrumentenbewegung oder Luft pusten) reagiert und wunderbare Töne erzeugt.

Hier zupft er die Saiten mit Pfauenfedern

Sanfte Trommeleinlage

Spiel auf zwei Tamburas.

Das Didgeridoo durfte natürlich nicht fehlen.

Obertongesang mit Reinhard. Ein äußerst interessantes und sehr intensives Konzert

Das hier gab es "zwischendurch" und war am Eintritt ca. 100 m von der Bühne entfernt aufgebaut:

Die KLANGSPIELWIESE im Regenbogenzelt - ein echter Hingucker !!!

Text hierzu: In Walter von Lingens Pentatonik-Mitmach-Orchester können Menschen jeden Alters mitspielen. Musikalische Vorkenntnisse sind nicht Voraussetzung, um bei diesem Musik-Projekt Erfolgserlebnisse zu haben. Es steht eine große Auswahl an Instrumenten zur Verfügung, mit denen ein harmonisches musikalisches Miteinander entsteht. So war dieses Regenbogenzelt den ganzen Tag über sehr gut besucht und "schwang musikalisch mit".

Der Leuchtweg hinauf zur Bühne im Steinbruch - eine tolle Idee:

Es war bereits recht dunkel, als "Aerodice" aus Lüneburg auf die Bühne traten: ganz andere Obertonmusik, die uns alle total mitriss und das Publikum zum Mitklatschen und Mitsingen animierte.

Marten Würfel (links, Human-Beat-Boxer) und Marius Beyer (Didgeridoo) aka "Aerodice".  Die Musik besteht aus meditativ-hypnotischen und druckvoll tanzbaren Titeln. Man bindet das Publikum stets zum Mitmachen ein, agiert untereinander mit vielen Improvisationen und viel Freude. Das war völlig ungewöhnlich, wobei uns die Human-Beat-Box echt geflasht hat. Das wäre wirklich einmal etwas für uns...

Ab 23 Uhr dann der Act, auf den wir uns besonders gefreut haben: Steve Schroyder & Alien Voices (Felix Mönnich + Kolja Simon), die Überraschung des EC 2011 schlechthin.

Felix, Kolja und Steve bei ihrem beeindrucken Konzert samt neuer erster CD "Qigong Dancing".

Seit den späten 60igern musikalisch aktiv und Wegbereiter der ersten EM-Stunde: Steve Schroyder (Tangerine Dream, Star Sounds Orchestra, Ashra Tempel, Augenstern und Acid Test).

Mit großen Instrumentarium an den Saurierspuren im Steinbruch - ein echtes Erlebnis !!!

Alien Voices.

Das gut einstündige Konzert beinhaltete natürlich viele Stücke der ersten CD "Qigong Dancing" und war recht rythmisch und eingängig gehalten. Allerdings durften auch die sanften atmosphärischen Töne nicht fehlen. Ein wohltuender Schlußpunkt unter ein sehr interessantes Festival.

Felix Mönnich  (lieben Dank an Dich - Du weißt schon wofür !!!)

Kolja Simon bei seinem faszinierenden Oberton- und Kehlkopfgesang

Eine besondere Atmosphäre bei entsprechenden Bühnenlicht

Und nochmals beide als ALIEN VOICES

Ein Blick auf die Bühne von unseren Plätzen aus

Die erste der beiden Zugaben

Da konnte besonders ein Besucher (Weinliebhaber) nicht mehr an sich halten, riss sich das Sweat-Shirt vom Leibe und tanzte vor der Bühne - das war 'mal eine ganz besondere Einlage und der tänzerische Höhepunkt des Festivals... :-))

Eine tolle Atmosphäre im Steinbruch

Die Abmoderation und der Kehraus mit Detlev Sellenriek

Wir sagen "Dankeschön" für dieses besondere und außergewöhnliche Festival und TSCHÜSS bis zum nächsten Mal in 2013 !!!

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