Picture Palace music Electronic-Poetry-Tour
Interview mit dem Electronic Circus Team zum EC 2011



Frage:
Was können wir auf der Electronic-Poetry-Tour erwarten  und wie setzt Ihr die Setlisten für die verschiedenen Konzerte zusammen ?
Thorsten:
Wir befinden uns ja bereits in der Endgeraden.
Qualitz Dorfkirche, Heimathafen Neukölln, Teltow,  das Loophole in Berlin, 2x Dreieinigkeitskirche und 2x Stadtbad  liegen schon hinter uns.
Wir versuchen dieses Mal eine recht große Auswahl des bisherigen PPm Œuvre anzubieten.
Wir können aus ca. 10 ½ Stunden Musik wählen. Das sind über 120 Titel – die wir im Laufe der letzten 6-7 Jahren aufgenommen und veröffentlicht haben.
Innerhalb der „Electronic-Poetry-Tour“ werden wir davon circa 45 verschiedene Stücke spielen.
Das ist sicherlich der beste Weg um der jeweiligen Location gerecht zu werden. Musik die in einer Kirche funktioniert ist vielleicht auf einer Festivalbühne unpassend.

Frage:
Sascha, Du trittst zum Einen als zweiter Keyboarder zum Anderen als Komponist bei Ppm in Erscheinung.
Wo siehst Du Deinen Platz und Deine Aufgaben im Ppm-Sounddesign. Gibt es klare Aufteilungen  was Du und was Thorsten Q spielt ?

Sascha:
Ich kenne Q schon fast 15 Jahre, seit ca. 11-12 Jahren haben wir immer wieder in gemeinsamen Projekten gearbeitet oder in Bands gespielt. Wir ergänzen uns in Sachen Synth/Keys und allgemeinen tontechnischen Belangen sehr, sehr gut und sind ein eingespieltes Team geworden. All das, was der Eine nicht kann, weiß oder mag, wird vom Anderen kompensiert bzw.
ergänzt.

Mein Sound steht im kompletten Gegensatz zu Qs Klang-Ästhetik.
Ich mag es eher roh,  direkt, laut und verzerrt.
Kalte FM-Klänge, Bit-Reduktion, niedrige Sampleraten, Clipping und schmutzige Beats.
Q hingegen vertritt eher die Seite des Schön- und Wohlklangs bzw. dem - was dies in „seiner Welt“ bedeutet - gepaart mit Detailliebe und Experimentiergeist.
Dieser Gegensatz ist meiner Meinung nach enorm wichtig für den typischen Ppm-Sound geworden.
Kompositorisch bin ich wiederum etwas poppiger gestrickt und nicht ganz so progressiv und experimentell wie Q. Es ist manchmal nicht einfach, all das unter einen Hut zu bekommen. Aber wir sind jedes Mal von dem Resultat überrascht, vor allem , wenn man zu Anfang dachte, das es nicht funktionieren würde. Wir arbeiten da sehr hart,zielgerichtet und konstruktiv miteinander. Es gibt aber nur selten lange Diskussionen ,ob gewisse Spuren bleiben dürfen oder „raus fliegen“ müssen. Sobald jeder aus der Band seinen Part zu einem Stück beigetragen hat, regeln sich die meisten Dinge von selbst, da wir ja beide das gleiche Ziel vor Augen haben :
den PPm-Sound.

Im Studio gibt es meines Erachtens keine "festen" Regeln wer was spielen darf oder muss. Ich war ja auch schon mit Gitarre, Bass und Percussion vertreten.
Das ergibt sich dann auch einfach mal spontan. Wobei jeder in erster Linie natürlich das macht, was er am besten kann. Wenn Q allerdings mal keine Lust auf Pads hat, spiele ich sie eben...und ab und an greift der Q ja auch mal zum Bit-Crusher, wenn ich nicht da bin.
Live bin ich,außer als Keyboarder, im Vorfeld als auch bei der Nachbereitung für die technische Seite, PA-,Bühnen- und  Monitor/Backline-Verkabelung etc.. verantwortlich.

Frage:
Ppm haben in laufe der Jahre häufig die Musiker gewechselt – ist es schwierig die richtigen Personen zu finden oder ist es ein eher natürlicher, voranschreitender Prozess?
Thorsten:
Gewechselt ist vielleicht nicht der richtige Begriff. Picture Palace music existiert schon seit ca. 7 Jahren.
Leute ändern Ihre Ansichten und Vorlieben, finden in alten oder neuen Städten neue Leben.
Jedoch sind die meisten alten Mitstreiter nicht aus der Welt. Sepp Sadowski spielte vor kurzem ein Konzert als Ersatz für Sascha Beator – der an diesem Tag nicht verfügbar war. Thorsten Spiller, ebenfalls aus der Ur-Besetzung, taucht immer mal wieder als Gitarrist- oder Lapsteel-Spieler auf unseren Konzerten auf. Es ist schön eine große Mannschaft zur Verfügung zu haben um die Band an jede Live-  und Studio-Situation anpassen zu können. Speziellere Intrumente wie Klarinette, Saxophone und Bouzoukis sind projekt – abhängig und deshalb kein fester Live-Bestandteil unserer Band.
Als Grundbesetzung hat sich eine feste sechser Konstellation mit Kai Hanuschka, Vincent Nowak, Djirre, Sascha Beator, David See und mir herauskristallisiert. Je nach Größe und Entfernung der Location spielen wir Live auch mal mit bis zu 12 Personen auf einer Bühne.
Im Studio spielt eigentlich jeder ein – und anschließend wird selektiert oder summiert was am besten funktioniert.

Frage
Welche Parameter und Herangehensweisen sind für aktuelle Elektronische Musik am wichtigsten?
Sascha:
Der Volume-Regler...immer ganz nach oben. :-)

Ich bin der Meinung man muss die Dinge weiter entwickeln und darf sich nicht zu sehr an alt Bewährtes klammern.Die alten Gewohnheiten aufbrechen und offen für Innovationen und Experimente sein, das ist generell meine Meinung zur Musik.
Oder einfach knallhart sein Ding Jahrzehnte durchziehen bis es Kult wird
;-) ....das kann natürlich auch funktionieren.
Man muss heutzutage etwas bieten, was neu,interessant und irgendwie einzigartig ist.Etwas, was die Aufmerksamkeit der Hörer erregt.Wenn´s schon 2-3 große / aktuelle Acts einer Sparte gibt, wer will dann bitte noch die Nr.4-10 hören.Man sollte versuchen, etwas Neues zu schaffen und mit Extremen spielen.Und wir wurden nicht umsonst dafür bekannt, die EM-Szene etwas aufgerüttelt zu haben. Wir machen ja schließlich Electronic-Post-Rock und nicht Elektronische Musik im eigentlichen Sinne.Wir haben dort zwar unseren Ursprung,aber die Entwicklung ist eine andere .... und das durchaus bewusst.

Frage
Vincent, du bist ja schon seit über 12 Jahren mit Thorsten Quaeschning in verschiedenen Bandprojekten Live- und im Studio unterwegs.
Was hat sich , Deiner Meinung nach, in diesen Jahren geändert  und warum spielt Ihr jetzt als Ppm zusammen.
Vincent:
"Projekte und Bands kommen und gehen, aber eindeutig fasziniert und gefesselt hat mich Ppm.1999 stieg ich bei Minory ein, erlebte eine Wave-Band mit tollen musikalischen Ideen, deren Kopf auch da schon Thorsten war. Nach und nach nahmen mich aber die elektronischen Sounds von Ppm (damals mit Thorsten Spiller und Sascha Beator) gefangen. Da ich selbst der elektronischen Musik verfallen bin (seit den 80ern höre ich EBM, später Downbeat und heute alles, was mir in die Finger kommt) , war es der logische Schritt für mich, meine Mitarbeit ganz auf Ppm zu konzentrieren. Die anderen Nebenprojekte sind nicht mehr aktuell, einzig meine alte Rock-Band existiert immer noch, und das seit 16 Jahren.
Die Live-Zusammensetzung hat sich während der letzten Konzerte gefestigt, die Symmetrie 2xSynth/2xGuitar/2xDrums ist nicht mehr wegzudenken. Live entfaltet das eine mächtige Wirkung. Stücke, die eh schon von ihrer musikalisch-dramatischen Steigerung leben, fegen über das Publikum hinweg. Im Vergleich zu „Somnambulistic Tunes“ sind die Stücke von „Metropolis Poetry“ deutlich rhythmischer, pulsierender. Es ist, denke ich, heute der Mix aus melancholischen leisen Instrumentals und rollenden episch-wuchtigen Songs, die unsere Live-Performance ausmachen und einen bleibenden Eindruck beim Hörer hinterlassen. Die Musik von Ppm ist etwas für große Säle, und das ist der nächste Schritt, den wir machen werden."

Frage
Kai, Du spielst ebenfalls in verschieden Bands. Wie kamst Du zu Picture Palace music und wo liegt der unterschied der Musikbegleitung in einer Rockband und Picture Palace music.
Wie teilst Du und Vincent die einzelnen Drumparts innerhalb Ppms  live und im Studio auf.
Kai:
Ich kannte Thorsten schon vor der Gründung Ppms.
Bevor ich zu PPm kam, haben wir zusammen in Bands/Projekten wie den "Nihilistic Lovers" mit Timothy Moldrey oder "Q-Factor" gespielt. Nach einigen Umbesetzungen war ich dann eines Tages auch bei PPm dabei.
Der Hauptunterschied bei der Begleitung von anderen Bands und PPm ist, dass wir bei PPm zwei Schlagzeuger an zwei verschiedenen Drumkits sind, deren Klänge auch unterschiedlich erzeugt werden. Auch das Lineup trägt seinen Teil dazu bei: Man könnte fast sagen, bei Picture Palace music herrschen teilweise orchestrale Verhältnisse, das Gesamtbild erscheint größer. Dementsprechend sind die Aufgabenbereiche durchaus anders als als Teil einer vierköpfigen Band oder gar eines Powertrios. Die Aufteilung der diversen Parts ergibt sich aufgrund der verschieden Drumstile von Vincent und mir auch mehr oder weniger automatisch: Während Vincent einen eher verspielten Drumstil hat, ist meiner doch eher gerade, etwas reduzierter, beatorientiert.

Frage:
Das nächste Album wird „Indulge the Passion“ heißen. Erzähle uns doch bitte etwas darüber.

Thorsten:
„Indulge the Passion“ - fröne der Leidenschaft oder der Passion wird zur Beginn der Passions-Zeit am 27. Februar erscheinen.
Es beschäftigt sich mit der Passion und derer mannigfaltigen Bedeutungen, ebenso beinhaltet es Anlehnung an die großen Passionen in der Kirchenmusik.
Musikalisch wird es wohl ein recht in sich gekehrtes und intensives Album, auf dem wir uns in weitere Stilistiken und Ausdrucksformen vorwagen.
Wir haben große Teile unseres Studios extra für dieses Album umgebaut.
Additiv haben wir auch mehrere Wochen zum Komponieren und Aufnehmen in verschiedenen Kirchen (Berlin, Brandenburg und Mecklenburg Vorpommern) verbracht. Was einen starken Einfluss auf Musik und Darbietung ausübt.
Interessant ist auch, dass z.B. Leidenschaft ja in den letzten Jahrhunderten als Sünde verstanden wurde.

Frage:
Wie kamt ihr auf die Idee Deine Klangsteine mit Ppm Musik zu mischen?

Jürgen:
Die Klangsteine haben in in ihrem Tonumfang nur begrenzte musikalische Einsatzmöglichkeiten. Allerdings ist im Klangsteinspiel eine ganz neue Art zu komponieren möglich. Diese mit Ppm - Rhythmen und Klängen zu kombinieren ist eine spannende, manchmal auch nervenaufreibende Geschichte. Auf „Midsummer“ haben wir aber gezeigt, wie das klingen kann, wenn zwei Musiker aus verschiedenen Genres auf einer Welle schwingen.

Frage:
Was können wir uns eigentlich unter „Klangsteine“ vorstellen ?
Jürgen:
Klangsteine sind 40 – 500 kg schwere Steinquader, die besonders gefräst werden. Durch das Fräßen entstehen Lamellen im Stein. Diese Lamellen werden mit den Händen angespielt. Dafür muss der Stein zuvor mit Wasser benetzt werden. Ähnlich wie beim Klingen eines Weinglases entstehen durch die Vibration Töne. Beim Klangstein sind diese aber viel intensiver. Es entwickeln sich warme Basstöne und brillante Obertöne. Aber beschreiben kann man das nicht. Man muss es gehört und gesehen haben.

Frage:

Ihr habt den „Schallwelle-Award“ für die beste Band (national) gewonnen. Wie bewertest Du diese Entscheidung und was hat sich seit dem verändert.
Thorsten:
Gott sei dank bewerten dies ja die Anderen. Natürlich freuen wir uns sehr darüber. Gerade die Zusammensetzung Publikum + Jury erscheint auch sehr fair. Eine Auszeichnung macht sich natürlich auch sehr gut in unserer Band-Biografie.

Frage:
Djirre, Du spielst und singst neben Picture Palace music in einer Swingband. Welche Einflüsse kannst Du bei Ppm einbringen und wie schätzt Du die Rolle der Gitarre in Eurer Musik ein, die ja in vielen Punkten von der traditionellen elektronischen Musik abweicht.
Djirre:
Ich habe in meiner Vergangenheit in vielen unterschiedlichen Bands und Stilistiken gespielt.
Von Pop bis Ska war alles dabei.
Das Wichtigste in all diesen Formationen war immer die Emotionalität die man transportiert.
Bei meinem ersten Konzert mit Ppm im Stadtbad Steglitz 2009 wurde ich förmlich umgehauen von den Emotionen die diese Stücke ausdrücken.
Die Art und Weise, wie Picture Palace music elektronischcen Postrock zelebriert, vor allem den Stil der Gitarrenarrangements finde ich sehr spannend und horizonterweiternd.
Aus meiner Praxis mit dem SpreetonOrchester    , mit dem ich wirklich viel live spiele, kann ich vielleicht eine Portion Liveerfahrung und eine Prise gewürzter Rhythmusgitarre einbringen.

Frage:
Thorsten, Du bist stilistisch weit gefächert. Kannst Du uns ein paar Musik-Tipps geben. Elektronische Musik und Rock/weitere Musik ?

Thorsten;
So weit gefächert ist dies wirklich nicht – da auch meine musikalischen Scheuklappen jedes Jahr enger am Kopf anliegen.

Sicherlich keine Geheimtipps sind aber meine Favoriten:
King Crimson, Van der Graaf Generator, The Swell Season, Justin Vernon, Scott Mathews, Godspeed You!  Black Emporer, Mono, Genesis, The Mission, Fields of the Nephilim, The Doors

Frage:
Gibst Du eigentlich gerne Interviews ?
Thorsten
Dies ist eigentlich recht unterschiedlich. Zum Einen könnte man behaupten - das ich vielleicht recht launisch bin – zum Anderen sind Antworten und Reaktionen leider auch sehr von Fragen abhängig.  

Frage:
Vielen Dank für das Interview !! Wir freuen uns auf Euren Auftritt am 01.10.11 auf dem Electronic Circus 2011 in der Weberei in Gütersloh !!!

PPM:
wir haben zu danken!
 

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